Autor: Firma ZEW - Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

„Start-ups haben bei Big Data die Nase vorne“

„Start-ups haben bei Big Data die Nase vorne“

Die digitale Transformation ist von zentraler Bedeutung für den deutschen Wirtschaftsstandort. Insbesondere junge Unternehmen können dazu beitragen, Deutschland innovativer zu machen. Hanna Hottenrott, Leiterin des Forschungsbereichs „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ am ZEW Mannheim und Professorin an der Technischen Universität München, erklärt dazu:

„Bei der Analyse von Big Data und der Nutzung digitaler Technologien haben Start-ups die Nase vorne. Sie sind in der Regel flexibler, risikobereiter und innovativer als etablierte Unternehmen. Zudem haben sie entscheidende Vorteile, wenn es darum geht, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und erfolgreich auf den Markt zu bringen. Wenn Start-ups die Möglichkeiten von Big Data nutzen, erhöhen sie langfristig ihre Überlebens- und Erfolgschancen.
 
Unsere Forschungsergebnisse zeigen aber auch: Der Einsatz von Big Data birgt Risiken. Die Kompetenzanforderungen an neue Mitarbeitende führen zu deutlich höheren Personalkosten. Die Einführung von Big Data in Unternehmen kann scheitern und damit das gesamte Geschäftsmodell gefährden. Der Aufwand für den Aufbau effizienter Unternehmensstrukturen zur Nutzung neuer digitaler Technologien kann sich negativ auf die Umsatz- und Ertragssicherheit auswirken und die Stabilität von Start-ups insbesondere kurz- und mittelfristig gefährden.“

Über ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

Forschungsfelder des ZEW

Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte; Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen; Digitale Ökonomie; Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Marktdesign; Umwelt- und Klimaökonomik; Ungleichheit und Verteilungspolitik; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft.

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Schneller, fairer und transparenter zum Kita-Platz

Schneller, fairer und transparenter zum Kita-Platz

Erfolgreiche Pilotprojekte zeigen: Mithilfe einer frei zugänglichen Software lässt sich die Vergabe von Kita-Plätzen in wesentlichen Aspekten verbessern. Zudem legt das Verfahren offen, wie viele Plätze vor Ort tatsächlich fehlen. Um es interessierten Jugendämtern und Trägern einfacher zu machen, die Software selbstständig umzusetzen, gibt es nun eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Die Vergabe von Kita-Plätzen kann für Jugendämter, Kita-Leitungen und Eltern herausfordernd und aufwändig sein. Verschärft wird die Situation dadurch, dass vielerorts die Nachfrage nach Plätzen das Angebot übersteigt. Wer dabei leer ausgeht, stellt schnell die Methodik des Verfahrens infrage. Wie die Platzvergabe transparenter und gerechter erfolgen kann, zeigen Kommunen wie die Stadt Kaiserslautern in Rheinland-Pfalz und der Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen. Dort kommt seit 2019 die vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung entwickelte, Algorithmen-gestützte Software „KitaMatch“ zum Einsatz. Die Bertelsmann Stiftung hat das ZEW Mannheim unterstützt, unter der Web-Adresse www.kitamatch.com ein frei zugängliches Informationsportal einzurichten, das einen ausführlichen und verständlichen Leitfaden zur Nutzung der kostenlosen Software bereitstellt. Jugendämter und Kita-Leitungen können mit dieser Hilfe Schritt für Schritt nachvollziehen, wie sie „KitaMatch“ selbstständig einführen und nutzen können.

„Digitale Anwendungen können Kommunen bei Aufgaben unterstützen, für die sie das womöglich noch gar nicht in Betracht gezogen haben. Die Vergabe von Kita-Plätzen per Algorithmus ist ein gutes Beispiel dafür. Der neue Leitfaden erleichtert es insbesondere Kita-Leitungen und Jugendämtern, vorhandene Kita-Plätze schneller, fairer und transparenter zu vergeben“, sagt Felix Sieker, Digitalexperte bei der Bertelsmann Stiftung. Am Problem fehlender Kitaplätze in vielen Kommunen kann die Software natürlich nichts ändern, betont Thilo Klein, Advanced Researcher im ZEW-Forschungsbereich „Marktdesign“. „Aber der Algorithmus stellt sicher, dass alle vorhandenen Plätze bedarfsgerecht vergeben werden können. Kommunen erhalten zudem verlässliche Daten über die tatsächlich fehlenden Plätze vor Ort. Das hilft ihnen, den Bedarf der Eltern zu decken und damit den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zu erfüllen.“
Verbindliche Kriterien sorgen für Überprüfbarkeit und Akzeptanz

Der Fokus des Leitfadens liegt darauf, die Funktionsweise des Algorithmus, die schrittweise Anleitung zum Einsatz der Software durch die IT sowie die notwendigen Prozesse im Projektmanagement zu erläutern. Besondere Bedeutung kommt dem Kriterienkatalog zu, der vor Beginn eines Vergabeverfahrens zu erstellen ist. Der Katalog bildet die Grundlage für die Vergabe, denn er führt einheitliche, konkrete und verbindliche Kriterien auf, die festlegen, in welcher Priorität die Kinder einen Platz bekommen sollten. Die Eltern wiederum hinterlegen, welche Kita sie sich für ihr Kind wünschen. Der Algorithmus gleicht diese Informationen ab und errechnet für jede Kita, in welcher Reihenfolge eine Platzzusage erteilt werden sollte. Kita-Leitungen können von den Empfehlungen der Software abweichen und Ausnahmen vornehmen – zum Beispiel, um zu garantieren, dass Geschwisterkinder in derselben Kita untergebracht werden. Das Verfahren läuft so lange, bis alle verfügbaren Plätze verteilt sind. Im Kreis Steinfurt beispielsweise dauert der Vergabeprozess nicht länger als eine Stunde.

Neben der Zeitersparnis kann der Algorithmus auch zu mehr Chancengerechtigkeit in der Platzvergabe führen. Wenn ein Kind, das laut Kriterienkatalog vorrangig einen Platz bekommen sollte, diesen auch erhält, lässt sich Benachteiligung ausschließen. Zudem profitieren auch jene Kinder, für deren Eltern die Anmeldeverfahren eine große Hürde darstellen. Aufgrund seiner zentralen Bedeutung für den gesamten Prozess ist es wichtig, dass der Kriterienkatalog zwischen Jugendamt, Trägern und Kitaleitungen ausgehandelt und offen gegenüber Eltern kommuniziert wird. Das erhöht die Transparenz, Überprüfbarkeit und letztlich auch die Akzeptanz von Zu- oder Absagen.
Kostenfreie Open-Source-Lösung

Ein weiterer Vorteil für Kommunen ist der Zugang zur Software: „KitaMatch“ ist eine Open-Source-Lösung und steht damit kostenfrei zur Verfügung. „Der Großteil an Software-Lösungen kommt aus der Privatwirtschaft und verfolgt zumeist kommerzielle Interessen. Angebote aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die auf gemeinwohlorientierte Zwecke ausgerichtet sind, sind hingegen Mangelware. ‚Kita-Match‘ kann dazu beitragen, diese Lücke auf einem für Kommunen sehr relevanten Problemfeld zu schließen“, erklärt Felix Sieker.

Der Leitfaden soll auch dazu beitragen, die Digitalkompetenz bei den potenziellen Anwender/innen zu stärken. Denn ein Grundverständnis für die Funktionsweise algorithmischer Systeme ist unverzichtbar für das Gelingen des Verfahrens. Zudem hilft es den Beteiligten bei der nötigen Aufklärungsarbeit innerhalb der eigenen Organisation sowie gegenüber den Eltern. Weitere Erfolgsfaktoren sind ein klarer Zeitplan, abgesteckte Zuständigkeiten zwischen Projektleitung und Jugendamt sowie eine ausreichende Anzahl an Mitarbeiter/innen für das Projektmanagement und die IT.

↗ ZU KITAMATCH

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Researcher im ZEW-Forschungsbereich „Marktdesign“
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Digitalisierung verringert Verkehrsaufkommen nicht zwangsläufig

Digitalisierung verringert Verkehrsaufkommen nicht zwangsläufig

Der durch die Corona-Pandemie verursachte Digitalisierungsschub entfachte neue Hoffnungen, dass die steigende Verbreitung von Homeoffice und Online-Angeboten zu einer dauerhaften Reduktion des Verkehrsaufkommens führen könnte. So wurde im Koalitionsausschuss am 28. März 2023 unter anderem die Förderung von Homeoffice beschlossen, um berufliche Wege zu verringern. Wie eine aktuelle ZEW-Studie zeigt, reduzierte sich während der ersten beiden Jahre der Pandemie die Mobilität in (Land-)Kreisen mit höherer Unternehmensdigitalisierung tatsächlich stärker. Allerdings ist für die Zeit nach dem Wegfall der Homeoffice-Pflicht und anderer Corona-Maßnahmen im März 2022 ein Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Mobilitätsreduktionen nicht länger nachweisbar. Die Studie basiert auf Daten zum Digitalisierungsgrad von Unternehmen und auf Mobilfunkdaten auf Kreisebene im Zeitraum Januar 2020 bis Dezember 2022.

Bedürfnis nach Mobilität nicht übersehen   

Im Verlauf der Corona-Pandemie kam es zu erheblichen Investitionen in digitale Infrastruktur und einem starken Anstieg an Homeoffice-Vereinbarungen. Wie bisherige Ergebnisse belegen, erwarten die Unternehmen in Deutschland auch für die nächsten Jahre eine deutlich intensivere Homeoffice-Nutzung als vor der Pandemie. Ob dieser Homeoffice-Schub die CO2-Emissionen im Verkehrssektor allerdings langfristig senken kann, ist aus unterschiedlichen Gründen unsicher. „Die meisten Menschen haben ein intrinsisches Bedürfnis nach Mobilität“, sagt Janna Axenbeck, Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“ und Ko-Autorin der Studie. „Viele Beschäftigte verlassen auch im Homeoffice das Haus. Sie verabreden sich in ihrer Mittagspause oder zum Abendessen und erledigen Besorgungen.“ Solche Treffen oder Erledigungen konnten vor der Pandemie häufig mit dem Arbeitsweg kombiniert werden. Darüber hinaus ermöglicht das Homeoffice auch eine Verlagerung des Wohnorts, der nun weiter vom Arbeitgeber entfernt sein kann und somit den Arbeitsweg an Pendeltagen erhöht.
 
Potenziale zur Mobilitätsreduktion nicht ausgeschöpft 
 
In der Studie untersuchte das ZEW-Team den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Mobilität im Verlauf der Corona-Pandemie. „Die Digitalisierung birgt laut unseren Ergebnissen ein Potenzial zur Reduktion des Verkehrsaufkommens und in der Hochphase der Pandemie wurde dieses Potenzial tatsächlich genutzt“, fasst ZEW-Ökonom und Ko-Autor Dr. Daniel Erdsiek zusammen. „Für die Zeit nach der Aufhebung fast aller Corona-Maßnahmen im März 2022 finden wir auf Kreisebene hingegen keinen Zusammenhang mehr zwischen Digitalisierungsgrad und Mobilitätsreduktion.“ Insgesamt deuten die Ergebnisse der Studie somit darauf hin, dass sich ein möglicher Digitalisierungsschub nicht zwangsläufig in einer längerfristig verringerten Mobilität niederschlägt. „Wenn keine akuten, gesundheitlichen Bedrohungen und staatlichen Einschränkungen bestehen, wird das Potenzial digitaler Technologien kaum ausgeschöpft. Auch wenn viele Beschäftigte womöglich ihr Mobilitätsverhalten im Homeoffice verändern, reduzieren diese Verhaltensänderungen nicht unbedingt die insgesamt zurückgelegten Wege“, so Janna Axenbeck. „Deshalb ist es wichtiger, umweltfreundliche, klimaneutrale Mobilität zu fördern, als auf die Vermeidung von beruflichen Wegen durch mehr Homeoffice zu hoffen.“
 
Studie untersucht Digitalisierungsgrad und Mobilitätsveränderungen in 400 deutschen Kreisen   

Für die Analyse wurde ein innovatives Textanalyseverfahren verwendet, das es erlaubt, den Digitalisierungsgrad eines Unternehmens anhand seiner Webseite zu bewerten. Auf Basis dieser Information schätzten die Forschenden für jeden der 400 Kreise in Deutschland den durchschnittlichen Digitalisierungsgrad der ansässigen Unternehmen. Dieses Maß verglich das ZEW-Forscherteam im Anschluss mit den Veränderungen der Mobilität, die anhand von Mobilfunkdaten ebenfalls auf Kreisebene beobachtet wurden. Die Analyse bezieht sich auf den Zeitraum von Januar 2020 bis Dezember 2022 und zeigt, dass Kreise mit einer höheren Unternehmensdigitalisierung in den ersten beiden Jahren der Pandemie eine stärkere Reduktion der Mobilität erfahren haben. Um den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Mobilitätsreduktionen möglichst präzise messen zu können, wurden hierbei nur Kreise verglichen, die mit Ausnahme des Digitalisierungsgrades sehr ähnliche Eigenschaften aufweisen.

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