Schweizer Softwarebranche: Ein langer Weg bis zur Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit hat keine strategische Priorität
Der SSIS zeigt, dass etwa nur ein Drittel der Schweizer Softwareunternehmen Nachhaltigkeit als strategische Priorität behandelt. Dies äussert sich in der Unterstützung nachhaltiger Projekte und der Einbettung von Nachhaltigkeitsaspekten in die Geschäftsstrategie. Dreiviertel der Softwareunternehmen entwickeln ausserdem technische Lösungen, die sowohl langfristig nutzbar als auch flexibel und erweiterbar sind: Wiederverwendung von Code, kontinuierliche Tests sowie Standardisierung von Tools sind gängige Praktiken.
Dennoch haben nur wenige Unternehmen klare Ziele und Messmethoden für Nachhaltigkeit definiert, was Raum für Verbesserungen bietet. Demgegenüber stellt Swico fest, dass z.Bsp. die Hardwareindustrie viel Aufwand in die Dokumentation und das Reporting von Nachhaltigkeit investiert.
Wenig Druck durch Vorschriften
Der Haupttreiber zur Einführung von Nachhaltigkeitsmassnahmen in der Schweizer Softwareindustrie geht einzig von den Kunden aus. Immer mehr Auftraggeber verlangen Nachhaltigkeitszertifikate, ohne diese keine Aufträge vergeben werden. Regulierungsbehörden, Exportmärkte und andere Organisationen haben hingegen nur begrenzten oder keinen spürbaren Einfluss auf die Nachhaltigkeit Schweizer Softwareunternehmen. Von dieser Seite
erfolgt (noch) kein Druck.
Nachhaltigkeit im Wettbewerb um Ressourcen
Unternehmen benötigen Zeit und Ressourcen, um nachhaltige Massnahmen langfristig zu entwickeln und in ihre Abläufe zu integrieren. Diese Ressourcen stehen im Wettbewerb mit anderen unternehmerischen Prioritäten. Die Studie sagt aus, dass sich Unternehmen aussagekräftige Metriken wünschen. Ohne klare Messgrössen sei es schwierig, den Erfolg oder Misserfolg von Nachhaltigkeitsinitiativen transparent zu verfolgen und die Auswirkungen auf das Unternehmen und die Umwelt zu quantifizieren, argumentieren Swico Mitglieder.
Im Hinblick auf Umsatz, Wachstum und Rentabilität blicken die Schweizer Softwareunternehmen positiv in die Zukunft – trotz zunehmendem Druck auf die Margen.
Softwareindustrie weiter auf dem Wachstumspfad
Laut der jüngsten Studie bleiben die Wachstumserwartungen positiv. Die Schweizer Softwareunternehmen erwarten einen steigenden Umsatz von 10 % im Jahr 2023 und 10.2% im Jahr 2024.Hingegen nimmtder Druck auf die Marge zu. Anders als in den vergangenen Jahren liegt die Marge erstmals wieder unter zehn Prozent (8,8 %).
Die Profitabilität (EBIT-Marge) ist mit 9,4 % im Jahr 2021 leicht gesunken auf 8,8 %. Die EBITDA-Marge beträgt für den gleichen Zeitraum 9.9 % (-1.4 %). Die grössten Unterschiede verzeichnen die Technologie- und Service-Provider. Die Fluktuationsrate bei den Mitarbeitenden in der Branche bleibt mit durchschnittlich 10,4 % relativ stabil und liegt mit 0.4 Prozentpunkte tiefer als im Vorjahr.
Abrechnungsmodelle auf dem Vormarsch
Das wichtigste Abrechnungsmodell für Hersteller von Standardsoftware ist die Abrechnung nach Verbrauch. Dies ist angesichts der zunehmenden Bedeutung von cloud-basierten Servicelösungen keine Überraschung.
Trendsetter sind die grossen Softwareanbieter, welche das Verrechnungsmodell ‘as a Service’ bereits seit längerer Zeit forcieren.
Exportgeschäfte nehmen leicht zu
Im Vergleich zu 2021 ist der Anteil der im Ausland erzielten Umsätze von 6,1 % auf 7 % gestiegen. Der internationale Anteil des Gesamtumsatzes bleibt jedoch tief. Wie in den Vorjahren ist Deutschland der wichtigste Exportmarkt. Die öffentliche Hand hat im Inland nach wie vor die höchste Bedeutung. So erwirtschaftete die Schweizer Softwareindustrie im Jahr 2022 22,5 % ihres Umsatzes mit Aufträgen der öffentlichen Hand. Für die Individualsoftwarehersteller ist diese sogar die grösste Abnehmerin mit 28.1 %.
Über den Swiss Software Industry Survey (SSIS) 2023
Der SSIS 2023 liefert bereits zum neunten Mal Kennzahlen, Trends und Thesen zur Softwareindustrie. Neben Aussagen zum Wachstum und der Profitabilität gibt die jüngste Studie Aufschluss über die Herausforderungen für eine nachhaltige Softwareentwicklung. Die Umfrage zum Thema Nachhaltigkeit liefert weltweit die umfassendsten Resultate.
Der SSIS wird von der Abteilung Information Engineering am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern, sieber&partners und Swico durchgeführt. Die Studie beantwortet haben 333 Softwareunternehmen in 20 Kantonen und 3 Sprachregionen.
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Künstliche Intelligenz: Transparenz statt Angst
Aus der festen Überzeugung, dass nur eine ethische und verantwortungsvolle Digitalisierung nachhaltig sein kann, betreibt Swico, der Verband der digitalen Schweiz, seit nunmehr drei Jahren den Digital Ethics Circle. Dieser setzt sich aus SpezialistInnen aus der Industrie und ExpertInnen zusammen und hat eine Reihe von einfach verständlichen und konkreten Handlungsempfehlungen zu diversen Aspekten datengetriebener Geschäftsmodelle erarbeitet. Das neue Dokument «Nachvollziehbarkeit von Algorithmen» ist angesichts der Hilflosigkeit der staatlichen Akteure hochrelevant und appelliert an die Eigenverantwortung der Digitalindustrie.
Orientierungslosigkeit in der Politik
Europa arbeitet derzeit an einer Regulierung zu Künstlicher Intelligenz (KI). Diese jedoch ist insbesondere aufgrund ihres technologiespezifischen und risikobasierten Ansatzes schwerfällig und könnte am Ziel vorbeischiessen. Italien hat in einem Schnellschuss ChatGTP verboten, und Elon Musk verbreitet mit einer offenen Forderung nach einem Moratorium für Künstliche Intelligenz Verunsicherung in der Gesellschaft. Während die internationale Gemeinschaft einig ist, dass KI reguliert werden soll, herrscht weitgehend Orientierungslosigkeit über sinnvolle Regulierungsansätze, so auch in der Schweiz. Das Merkblatt von Swico bietet erstmals konkrete, umsetzbare und eigenverantwortliche Handlungsempfehlungen für Unternehmen in der Schweiz.
Transparenz in vier Schritten
Ausgangspunkt ist die Schaffung von Transparenz in vier Schritten: zunächst müssen die AdressatInnen definiert werden, was schon sehr anspruchsvoll werden kann. So muss etwa ein Anbieter von KI für die Personalrekrutierung nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Rekrutierungsperson und die/den KandidatIn in seine Transparenzüberlegungen einbeziehen. Alsdann soll deklariert werden, dass überhaupt eine KI-Anwendung zum Einsatz kommt und warum. Der schwierigste Schritt ist die Erklärung, wie der Algorithmus funktioniert. Während eine Offenlegung des Algorithmus für Endbetroffene nicht sinnvoll wäre, müssen diese wenigstens dessen Funktionsweise verstehen können. Zunehmend kann der Mensch jedoch nicht mehr erklären, wie Algorithmen zu einem bestimmten Ergebnis kommen resp. wie sie lernen. Deshalb muss bisweilen zu Hilfsmitteln gegriffen werden. In jedem Fall ist aber die Deklaration über die Datengrundlage ein wichtiger Bestandteil der Transparenz.
Fehler müssen korrigiert werden
Zuletzt muss für Endbetroffene eine Korrekturmöglichkeit, ein «Feedback Loop», eingebaut werden, wenn ein Algorithmus zu einem falschen oder diskriminierenden Ergebnis kommt. Ausserdem verfügt im Idealfall jedes Unternehmen, das datenbasierte Geschäftsmodelle entwickelt oder einsetzt, über ethische Grundsätze resp. einen Kodex, auf die sich Mitarbeitende, DatenwissenschafterInnen und die Geschäftsleitung stützen. Swico hat bereits vor 18 Monaten eine entsprechende Charta für den ethischen Umgang mit Daten erarbeitet und zur Verfügung gestellt.
«Transparenz ist die Grundlage für Vertrauen» hält Judith Bellaiche, Geschäftsführerin von Swico, fest. «Wenn jedes Unternehmen die einzelnen Schritte zur Nachvollziehbarkeit von Algorithmen konsequent anwenden würde, müssten die Auswirkungen von KI-Anwendungen vollständig durchdacht werden.» Das wäre ein elementarer Schritt in Richtung verantwortungsvolle Digitalisierung und gäbe darüber hinaus der Politik Anhaltspunkte für eine zielführende Regulierung.
Swico ist der Wirtschaftsverband der ICT- und Online-Branche und vertritt die Interessen etablierter Unternehmen und Start-ups in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Die über 700 Mitgliedfirmen von Swico decken alle Wertschöpfungsstufen digitaler Geschäftsmodelle ab und umfassen insbesondere Hardware, Software, Hosting, IT-Services, Consulting, Digitalmarketing und -kommunikation. Dazu gesellen sich stark digital ausgerichtete Branchen wie die Heimelektronik, die Foto-, Film- und Druckbranche.
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