«Die Swisspro Group wird Teil von BKW Building Solutions»
In diesen Tagen akquirierten Sie die Swisspro Group. Mit der Übernahme soll «eine schweizweit führende Anbieterin von Gesamtlösungen in der Elektrotechnik, ICT und Gebäudeinformatik» entstehen. Wie beurteilen Sie diese Akquise?
Die Swisspro Group ist eine perfekte Ergänzung zur bestehenden Firmengruppe und ergänzt unser Leistungsangebot im Bereich ICT und Gebäudeinformatik. Swisspro wird als eigenständige Unternehmung in der Gruppe agieren. Unsere Gruppe ist damit auf einen Schlag von 1’800 auf rund 3’000 Mitarbeitende angewachsen. Der Gebäudetechnikmarkt ist heute stark geprägt von grossen, ausländischen Unternehmen. Mit der Akquise haben wir eine gute Schweizer Alternative geschaffen.
In welche Richtung entwickelt sich die ICT-Abteilung von BKW Building Solutions?
Die ICT-Abteilung von BKW Building Solutions bietet für die Geschäftsprozessunterstützung bedarfsgerechte, wirtschaftliche und standardisierte ICT-Services und stellt eine kontinuierliche Optimierung der bestehenden ICT-Services sicher. Wir bieten keine ICT-Services am Markt an, sondern sind eine klassische interne ICT. Auswirkungen auf die Aufgaben und die Organisation der ICT-Abteilung werden im Rahmen des zurzeit anlaufenden PMI-Projektes mit Swisspro Group geklärt.
Im Betrieb von Gebäuden lässt sich viel Geld sparen, wenn die Systeme Gebäudetechnik und IT optimal aufeinander abgestimmt sind. In welchen Bereichen kommt der IT als Orchestriererin eine besonders wichtige Rolle zu?
Ein Gebäude ist ein komplexes System. Es ist nicht nur eine Hülle. Durch das Gebäude fliesst Strom, Wasser, strömt Gas oder Wärme. Vermehrt vernetzen wir uns im und mit dem Gebäude oder können damit sogar kommunizieren und es steuern. Gebäude werden immer mehr zu dezentral produzierenden Kraftwerken. All das ist Resultat der aufeinander abgestimmten Gebäudetechnik-Komponenten. Moderne Gebäude werden gesteuert über Regeltechnik und Sensorik. Ziel ist es, so wenig Energieressourcen wie nötig zu verbrauchen und den Komfortbereich zu optimieren. Für Messung, Steuerung und Regelung im Gebäude spielt die Informatik eine wichtige Rolle.
Wie ist die interne ICT bei der BKW Building Solutions selber aufgebaut? Welche Bereiche sind ausgelagert? Gibt es Bereiche, die inhouse betreut werden?
Wir sind schlank aufgebaut – dies aufgrund des IT-Outsourcings, das die IT-Dienstleisterin GIA Informatik AG durchführte. Das IT-Outsourcing dient insbesondere Aufgaben, die im stillen Kämmerchen erledigt werden können. Für alles andere haben wir drei Teams aufgestellt: ein Team mit internen und externen Personen für das Projektmanagement, eines, das sich um den Betrieb kümmert und Applikationsmanagement macht, und eines für das Supportmanagement. Darüber hinaus deckt eine dezentrale Organisation mit lokalen IT-Ansprechpartnern die Bedürfnisse der einzelnen Firmen ab.
Welche Vorteile ziehen Sie aus den Auslagerungen?
Wir erhalten Flexibilität. Wir müssen keine Fachspezialisten anstellen, die wir auslasten müssen, sondern greifen dann auf externe Experten zu, wenn wir sie benötigen.
Wie sind die einzelnen Gesellschaften untereinander vernetzt?
Sie sind technisch verbunden – wir haben ein WAN (Wide Area Network, Weitverkehrsnetz) aufgebaut. Das Management obliegt unserem IT-Partner GIA Informatik AG. Wir verfügen über 90 Standorte, die meisten davon sind miteinander vernetzt.
Welche Rolle spielt das Cloud-Modell?
Wir nutzen die Public-Cloud-Lösung Office 365 von Microsoft, weshalb wir gut miteinander verknüpft sind. Überdies setzen wir Sharepoint (eine Software für den Informationsaustausch im Intranet), Microsoft OneDrive (ein Filehosting-Dienst) und Microsoft Teams (eine Plattform, die Chat, Besprechungen, Notizen und Anhänge kombiniert) ein. Die Cloud ist technisch und inhaltlich anzugehen. Denn die Handhabe und die Arbeitsweise gestalten sich anders als bisher. 2020 lancieren wir ein Nachfolgeprojekt und begleiten unsere Unternehmen, damit sie die Werkzeuge noch besser zu nutzen wissen.
Die BKW ist bekannt dafür, immer wieder neue Firmen aufzukaufen. Wie werden diese in der Regel ICT-mässig ins BKW-Netzwerk integriert?
Für kleine und mittlere Firmen mit 20 bis 150 Mitarbeitenden verwenden wir einen Standardprozess. Die meisten unserer Firmen bewegen sich in dieser Spannweite. Wir verfügen über eine hohe Kompetenz im Integrieren: Wir starten mit dem Kick-off, führen eine Ist-Soll-Analyse durch, holen im Rahmen von Vorgaben die Bedürfnisse ab – im Zentrum steht die Frage, wie die Firma heute arbeitet und wie sie diese Aufgaben möglichst gut erfüllt – und definieren, welches Vorgehen ideal ist und welche Punkte wir zusammen angehen. Bereits am Kick-off-Termin legen wir fest, wann das Go-live sein wird: in der Regel ungefähr vier Monate später.
Wie garantieren Sie aus Sicht der ICT Ihren Kunden Sicherheit? Wie wird das Thema ICT-Security innerhalb des eigenen Unternehmens gehandhabt?
Wir sind auf zwei Ebenen aktiv: Erstens ergreifen wir auf der technischen Seite Massnahmen, um einen Spagat zwischen raffinierten Mechanismen und möglichst hoher Bedienerfreundlichkeit zu machen. Um etwa Phishing-Mails zu verhindern, schalteten wir einen zusätzlichen Mailfilter ein. Zweitens führen wir eine Sensibilisierungskampagne bei unseren Mitarbeitenden durch. So organisiert der BKW-Konzern eine Cyber-Security-Championship.
Sind künstliche Intelligenz und Deep Learning für Ihr Unternehmen ein Thema?
In unserer Arbeit sammeln wir noch zu wenige Daten, als dass wir mit KI oder Deep Learning starten können. Bei uns stehen andere Zukunftsthemen im Vordergrund: Derzeit laufen Pilotprojekte für Building Information Modeling (BIM). BIM ist eine Arbeitsmethode, mit der Architekten, Bauingenieure und Fachplaner die Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mittels Software optimieren. Wir bauen BIM aus in den Bereichen 3D CAD, Virtual Reality und für moderne Messtechniken auf Baustellen. Zum Beispiel besteht heute die Möglichkeit, mit Lasergeräten die Position von Deckenleuchten in grossen Räumen oder Hallen sehr effizient und exakt zu definieren. Final werden an den ausgewählten Punkten Löcher gebohrt.
Wo sehen Sie mittelfristig aus Sicht der ICT die grössten Herausforderungen für BKW Building Solutions?
Erstens in der Geschwindigkeit der Veränderung. Es kommen sehr viele neue Anforderungen in schnellem Tempo auf uns zu. Die Digitalisierung im Baubereich wird uns künftig stark fordern. Als Dienstleisterin müssen wir in der Lage sein, mit einer grossen Anzahl neuer Anwendungen umzugehen, welche durch unsere Kunden, Partner, Ingenieur- oder Architekturbüros vorgegeben werden. Eine weitere, zentrale Herausforderung ist die Sicherstellung einer angemessenen Cyber Security.
Wie sehen Sie den Wandel des CIO (Chief Information Officer) aus Sicht des ICT-Verantwortlichen der BKW Building Solutions?
Die Verantwortung, das Arbeitsvolumen und die Anzahl Mitarbeitende nehmen zu. Die ICT läuft dank unserer Partner stabil. Ich sehe eine Verschiebung der Aufgaben, weg vom klassischen IT-Infrastruktur-Betreiber hin zum Orchestrierer von massgeschneidert eingekauften ICT-Services. Hier stehen Themen wie Business Alignment, Cloud-Dienste, IT-Security, Lieferanten- und Vertragsmanagement und Projektmanagement im Vordergrund.
Rechnen Sie mit einer Erhöhung des IT-Budgets für das kommende Jahr?
Ja, dieses Budget ist bereits bekannt. Es steigt linear, proportional zum Wachstum des Unternehmensumsatzes und beträgt ungefähr ein Prozent des Umsatzes. Dies ist im Vergleich zu ähnlichen Unternehmensgruppen ein guter Wert. Insgesamt steht mir gleich viel Geld zur Verfügung, da die Grösse des Unternehmens kontinuierlich anwächst.
Über die GIA Informatik AG:
GIA bietet Informatik-Dienstleistungen mit Kernkompetenzen im Erarbeiten und Betreiben von Lösungen aus einer Hand in den Bereichen ERP, IT-Services mit eigener Cloud-Infrastruktur und Produktentwicklung. Das Unternehmen mit rund 150 Mitarbeitenden gehört zur Holding des weltweit tätigen Müller-Martini-Konzerns. https://www.gia.ch
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