Künstliche Intelligenz im Bildungswesen

Künstliche Intelligenz im Bildungswesen

Digitale Technik in der Bildung hat während der Corona-Pandemie einen ungeahnten Aufschwung erlebt. Doch was bleibt von diesen zunächst erzwungenen Veränderungen? Im Oxford Internet Institute (OII) / TUM Heilbronn Webinar „From the Classroom to theWorkplace – AI Technologies and the Changing Face ofEducation” beleuchteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Oxford und des TUM Campus Heilbronn, wie sich Bildung und Arbeitsmarkt durch digitale Technik verändert haben und welche Rolle künstliche Intelligenz dabei spielt.

Das Webinar zeigt, welche Möglichkeiten der Vernetzung digitale Technologien bieten. Geleitet und moderiert wurde das Fenster zur Wissenschaft von Prof. Dr. Helmut Krcmar, Gründungsdekan und Beauftragter des Präsidenten für die Entwicklung des TUM Campus Heilbronn, der von der Klimakonferenz aus Dubai zugeschaltet war. Dr. Lulu Shi und Dr. Fabian Stephanyschalteten sich aus England von der gastgebenden Oxford University zu und Stephan Krusche, Professor für Information Engineering am TUM Campus Heilbronn, berichtete aus Deutschland.

Ist der Technik-Hype in der Bildung vorbei?

Lulu Shi ging zunächst auf zwei ihrer Forschungsthemen ein: die Diskussion um Bildungstechnologien und die tatsächliche Nutzung dieser Technologien. Eine überraschende Erkenntnis der Wissenschaftlerin: Die öffentliche Diskussion wird stark von den Anbietern selbst, also den Technologieunternehmen, geprägt. Die Kritik der Nutzer konzentriere sich dagegen auf Fragen des Datenschutzes und nicht auf die Datenerhebung und -auswertung. Ihre Medienerhebung zeigt, dass es in den Medien zwei Hauptdiskussionsthemen in Bezug auf Bildungstechnologien gibt: soziale Ungleichheit und Privatsphäre bzw. Datenethik. 

Während der Pandemie habe es einen regelrechten Hype um den Einsatz von Bildungstechnologien gegeben, jetzt sei das Interesse wieder abgeflaut, so Shi. Ihr Fazit: „Dieses Bild widerspricht der öffentlichen Erzählung, dass EdTech (= Educational Technology) bleibt und die Zukunft ist." Eine Analyse der aktuellen und vergangenen Nutzung von Bildungs-Apps zeige zudem, dass Apps, die sich auf Messungen konzentrieren, mehr Nutzer gewinnen konnten als solche, die Zusammenarbeit und Konnektivität fördern.

Individuell und schnell

Einen Einblick in seine Forschung am TUM Campus Heilbronn gab Prof. Dr. Stephan Krusche: „Wir haben einen Chatbot namens Iris entwickelt, den wir nutzen, um die Kommunikation mit den Studierenden zu verbessern und diese gezielt zu fördern." Und der Bedarf scheint groß zu sein. Seit dem Start im Oktober gab es bereits 6.500 Interaktionen mit Iris. Dabei will Krusche die menschlichen Tutoren nicht ersetzen, sondern ihnen mehr Zeit für wichtigere Aufgaben verschaffen.

In Zukunft soll der Chatbot nicht nur für die Kommunikation mit den Studierenden, sondern auch für die Erstellung von Übungsaufgaben, die automatisierte Generierung von Feedback und Learning Analytics eingesetzt werden. „Die Zukunftsvision ist, nicht nur eine Übungsaufgabe für alle Studierenden zu haben, sondern personalisierte Aufgaben, die auf den Interessen, Kompetenzen und dem individuellen Profil der einzelnen Studierenden basieren", so Krusche. So können Übungsaufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden erstellt werden, die sich an den Fähigkeiten der Studierenden orientieren und so individualisiertes Lernen ermöglichen.

Wertvolle Kompetenzen

Dr. Fabian Stephany vom Oxford Internet Institute weitete den Blick auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Hier zeigen seine Untersuchungen eine Entwicklung hin zum „Skill based Hiring“. Das bedeutet, dass Arbeitgeber inzwischen mehr Wert auf spezifische Fähigkeiten als auf formale Bildung legen. Eine Entwicklung, die durch die zunehmende Digitalisierung und das globale Bewusstsein für Umweltthemen, insbesondere im Zusammenhang mit der Klimakrise, vorangetrieben wird. Stephany hat dafür Stellenanzeigen auf dem britischen Arbeitsmarkt von 2019 bis 2022 analysiert.

„Wir können Technologie nicht isoliert betrachten. Technologie erfordert Arbeitskräfte mit spezifischen Fähigkeiten. Ohne Fähigkeiten kann Technologie nicht entwickelt, angewendet, gewartet, weiterentwickelt und reguliert werden", so Stephany. Der Wissenschaftler betonte die enge Verbindung zwischen Technologie und Kompetenzen, wobei neue Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) immer auch veränderte Fähigkeiten der Arbeitskräfte erforderten. Die Anpassung des Bildungssystems könne mit dieser Entwicklung nur schwer Schritt halten.

Nach dem erfolgreichen Brückenschlag vom Klassenzimmer zum Arbeitsplatz endete das kurze digitale Fenster in die Welt der Forschung. Die gute Nachricht: Es wird nicht das letzte OII / TUM HeilbronnWebinar gewesen sein, für 2024 sind bereits weitere geplant.  

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