Hemmnisse bei der Digitalisierung
Lieber Herr Tacke, laut aktuellem Digital Office Index des Branchenverbands Bitkom scheitern Digitalisierungsprojekte meist an zu hohen Kosten, zu wenig Zeit und zu wenig qualifiziertem Personal. Haben Sie diese Erfahrungen auch gemacht?
Johannes Tacke: In der einen oder anderen Form ja. In den meisten Fällen liegt es jedoch daran, dass ein konkreter Fokus fehlt und die Anforderungen diffus sind. Häufig gibt es dann ein – sagen wir mal – dynamisches Ziel, und wenn dieses nicht erreicht wird, wächst die Unzufriedenheit. Die Verantwortlichen sollten sich vorher also Zeit nehmen und festlegen: Was möchte ich mit meinem Digitalisierungsprojekt erreichen und bis wann? Dafür sind eine fachlich versierte Projektleitung und ein regelmäßiger Austausch aller Beteiligten unverzichtbar. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung sollte bei jedem Projekt am Anfang stehen. Das würde auch dabei helfen, die Kosten realistisch zu kalkulieren, denn die schätzen die Akteure häufig doch zu niedrig ein.
Laut Bitkom sind Unternehmen meist offener für Innovationen als öffentliche Verwaltungen, und die Digitalisierung geht schneller voran. Deckt sich das mit ihrer Erfahrung?
Johannes Tacke: Ja, das kann ich so leider unterschreiben. In Unternehmen gibt es ganz andere Voraussetzungen. Sie arbeiten meist mit einem agilen Projektmanagement, und binden zielgerichtet verschiedene Abteilungen bei der Umsetzung ein. Allgemein müssen Unternehmen bei der Beschaffung auch ein höheres Tempo an den Tag legen, um nicht den Anschluss gegenüber der Konkurrenz zu verlieren. Und dann kommt noch hinzu, dass bei Unternehmen in der Regel ein größeres Budget zur Verfügung steht als bei öffentlichen Einrichtungen. Ohne Moos nix los – das gilt leider auch bei Digitalisierungsprojekten.
Das Budget ist also das größte Problem der Behörden?
Johannes Tacke: Hier muss ich ganz klar ja sagen. Aber es gibt auch andere Baustellen. In Behörden haben wir es häufig mit verschiedenen Akteuren zu tun, die eigene Vorstellungen haben. Hinzu kommt die Bürokratie. Eine Verschlankung wäre also sicherlich hilfreich. Zudem dauern Ausschreibungen oft viel zu lang. Wir haben es teilweise mit Wartezeiten von einem Jahr zu tun, dann kann die Beschaffung einer IT-Lösung nicht mit deren rascher Weiterentwicklung mithalten. Es gibt aber auch Punkte, in denen sich das Tempo kaum erhöhen lässt. Das gilt vor allem für Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur mit ihren vielen sicherheitsrelevanten Aspekten.
Könnte ein Generationenwechsel helfen?
Johannes Tacke: Mit Sicherheit, das haben wir schon öfters beobachtet. Ein Generationenwechsel führt immer auch zu einem Mentalitätswechsel. Jüngere Mitarbeiter sind neuen Technologien gegenüber offener und können die Vorteile besser einordnen. Bei älteren Kollegen stellt sich dagegen oft eine gewisse Abwehrhaltung ein. Bei der Generation, die in ihrem Arbeitsleben mit Karteikarten großgeworden ist, ist das sogar halbwegs verständlich. Es hat damals funktioniert und funktioniert auch heute noch irgendwie. Dass der traditionelle Weg aber nicht immer der optimale Weg ist, müssen wir bei den Leuten oft erst noch in die Köpfe bekommen.
Sind Sie schon auf Fälle der Scheindigitalisierung gestoßen?
Johannes Tacke: Davon habe ich bisher nur in den Medien gelesen. Ich kann mir gut vorstellen, dass manchenorts die Digitalisierung nach außen hin umgesetzt wird, im Hinterzimmer aber weiter nach alten Mustern gearbeitet wird. In manchen Fällen bekommen die Mitarbeiter allerdings auch ein neues System oktroyiert, ohne über die Möglichkeiten informiert zu sein. Bei unseren Projekten setzen wir daher auf die Einbeziehung und Motivation aller. Wir führen unser System KIX nicht nur bei Unternehmen oder Behörden ein, sondern schulen die Mitarbeiter auch im Nachgang und unterstützen sie beim Feintuning oder bei Problemen. So bleibt der Kontakt auch nach der eigentlichen Migration, und wir wissen, dass die Neuerungen auch umgesetzt werden.
Wie nehmen Sie den Leuten die Angst vor der Digitalisierung?
Johannes Tacke: Nach meiner Erfahrung ist die Kommunikation das allerwichtigste, egal ob in Behörden oder bei Unternehmen. Oft müssen wir die Leute erst an die Hand nehmen und mit allen Beteiligten sämtliche Schritte durchgehen. Wir besprechen dann die Ziele, die Kosten, den Zeitplan, und auch mögliche Anpassungen auf dem Weg. Hier ist es hilfreich, dass wir mit unserem System auf Open Source-Technologie setzen und so individuelle Wünsche und Anforderungen in kürzester Zeit umsetzen. Mein Job ist es, die Menschen zu beraten und ihnen die Vorteile und Möglichkeiten der Digitalisierung zu zeigen. Der Wille zur Erneuerung muss aber letztendlich von den Verantwortlichen kommen.
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