RPA und KI – zwei Technologien, die immer noch Verwirrung stiften
Einem Bericht der Everest Group vom Januar 2021 zufolge haben bereits mehr als 72 % der globalen Unternehmen damit begonnen, KI zu implementieren. Die Everest Group prognostiziert, dass sich die weltweiten Ausgaben für KI-Dienste um 32 % von 25 Mrd. USD im Jahr 2019 auf 95 Mrd. USD im Jahr 2024 vervielfachen werden. Nach Angaben von Grand View Research erreichte der weltweite Markt für Robotic Process Automation-Software Ende 2019 ein Volumen von 1,4 Milliarden US-Dollar. Von 2020 bis 2027 rechnet Grand View Research mit einer jährlichen Steigerungsrate von 40,6 %.
Mit RPA und KI höhere Renditen erzielen
Das überrascht nicht, da RPA und AI zahlreiche Vorteile mit sich bringen: optimierte Prozesse und letztendlich bessere Geschäftsergebnisse aufgrund einer höheren Reaktionsschnelligkeit.
Ungeachtet der Tatsache, dass jede Technologie für sich und unabhängig von der anderen eingesetzt schon Vorteile bringt, betonen Experten, dass Unternehmen, die RPA- und KI-Technologien zusammen einsetzen, eine wettbewerbsfähigere Position auf den modernen digitalen Märkten erreichen können.
RPA für strukturierte, handlungsorientierte Prozesse
RPA ist die Verwendung von Softwarerobotern – sogenannte RPA Bots -, um standardisierte, repetitive Aufgaben innerhalb eines Geschäftsprozesses auszuführen. Dabei führen diese Bots die Aufgaben nicht nur fehlerfrei, sondern auch schneller und zuverlässiger als jeder menschliche Mitarbeiter aus. Dies erhöht Geschwindigkeit und Effizienz, reduziert Kosten und überlässt den Mitarbeitern die komplexeren, höherwertigen Aufgaben, die nur Menschen erledigen können.
Die Ziele von RPA sind
- Interaktion mit und Steuerung von bestehenden Anwendungen,
- Vereinfachung der Interaktion von bestehenden und anzufordernden Anwendungen,
- eine einzige Plattform für Automatisierungsinitiativen,
- Bereitstellung einer Schnittstelle, um Interaktionen zu initiieren und Ergebnisse zu erhalten,
- Automatisieren von Interaktionen mit steuernden Anwendungen.
RPA lässt sich leicht für Prozesse nutzen, die sehr strukturiert und sehr handlungsorientiert sind, um einfach und schnell Vorteile zu realisieren. Die Fähigkeiten und der Wert von RPA haben jedoch ihre Grenzen. Während die Software sich wiederholende Aufgaben mit einer Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und Genauigkeit ausführen kann, die weit über den Möglichkeiten menschlicher Mitarbeiter liegt, kann RPA nicht von den einmal programmierten Aufgaben abweichen. Es fehlt die Intelligenzkomponente.
KI identifiziert Muster schneller als Menschen
Hier setzt KI an: Während RPA verwendet wird, um in Verbindung mit Menschen zu arbeiten, indem sich wiederholende Prozesse automatisiert werden, wird KI als eine Form der Technologie angesehen, um menschliche Arbeit zu ersetzen und durchgängig zu automatisieren. Denn KI kann menschliche Entscheidungen nachahmen, zu denen RPA nicht fähig ist. Zudem kann die KI lernen, wie sich Arbeit verbessern lässt, wenn Entscheidungen getroffen werden, indem sie Muster auch in größeren Datenmengen mit einer Schnelligkeit identifiziert und analysiert, die für den Menschen unmöglich ist. Die Implementierung von KI ist jedoch schwieriger als die Bereitstellung von RPA. In erster Linie besteht die Herausforderung darin, die Daten zu erhalten, die zum Trainieren der KI erforderlich sind. KI benötigt viele Daten, um Modelle aufzubauen. Die wenigsten Unternehmen verfügen aber über einen entsprechenden, qualifizierten Datenpool, um KI schnell oder einfach einzuführen. Dazu kommen noch die Kosten. KI-Initiativen sind teurer als RPA-Projekte. Bis sie in Betrieb genommen werden können, vergehen Monate, da die Schulungen Zeit in Anspruch nehmen. Das nötige Fachwissen für die Entwicklung, Bereitstellung und Wartung von KI-Projekten ist zudem teuer und schwer zu finden.
Es fehlt ein umfassendes Verständnis
Darüber hinaus fehlt vielen CIOs und anderen Führungskräfte häufig ein umfassendes Verständnis für die Geschäftsprozesse, die notwendig sind, um KI-Programme voranzutreiben. Es fehlt die vollständige Übersicht über den Prozess, der automatisiert werden soll. Zudem sind manche Führungskräfte bei der Übergabe von Entscheidungskompetenzen an den Computer sehr zurückhaltend – wenn nicht sogar völlig dagegen – insbesondere in Bereichen, die unter staatliche behördliche Kontrollen fallen oder die ihre eigenen oder die Arbeitsplätze anderer gefährden könnten. Gleichwohl hat diese Technologie in den Unternehmen oberste Priorität. Eine Umfrage des Softwareanbieters IFS aus dem Jahr 2020 ergab, dass 50 Prozent der Führungskräfte die Ausgaben für Initiativen zur digitalen Transformation erhöhen wollen. 24 % der Befragten erwarten, dass KI in den nächsten zwei Jahren die Technologieführerschaft übernehmen wird, vor anderen Trendtechnologien wie Virtual und Augmented Reality, IoT, Blockchain und 5G.
KI-Teilbereiche, die Mehrwert schaffen
Von Bild- und Spracherkennungssystemen bis hin zur Stimmungsanalyse – KI-Technologien eröffnen in Unternehmen immer mehr Anwendungsfälle. Es lassen sich fünf KI-Teilbereiche, die einzeln und in Kombination von Unternehmen eingesetzt werden, identifizieren, die Unternehmen einen Mehrwert bringen werden:
Image Recognition
- Identifizieren von Produkten in Regalen
- Identifizierung von Personen in einem Bild oder Video
- Erkennen von Defekten am Fließband
- Generieren von Schadensschätzungen bei Versicherungen
- Erkennen von Kunden beim Betreten eines Ladens
- Zählen von Menschenmengen bei öffentlichen Großveranstaltungen
- Erkennen von Straßenobjekten für selbstfahrende Autos
Speech Recognition
- Aufzeichnung von Telefonkonferenzen und physischen Meetings
- Überwachung von Call-Center-Interaktionen zwischen Agenten und Kunden
- Sprachübersetzung für Reisende
- Sprachbefehle für Heim- und Mobilgeräte
- Diktieren von medizinischen Berichten
Chatbots und ChatOps
- Kundeninteraktionen automatisieren,
- Repräsentieren der Unternehmensmarke in den sozialen Medien
- Nachverfolgen wichtiger Leistungsindikatoren
- Automatisieren häufig gestellter HR-Fragen
- Bearbeiten und Sortieren von IT-Helpdesk-Anfragen
Natural Language Generation
- Generieren maßgeschneiderter Produktbeschreibungen auf Basis von Benutzerinteressen und Fachwissen
- Generieren wiederkehrender Inhalte, wie z. B. Gehaltsreports
- Generierung von Erklärungen zu Grafiken und Metriken in Analyseberichten
Sentiment Analysis
- Analyse, wie eine Produkt- oder Servicegebühr auf Kunden wirkt
- Identifizierung und Aufbau von Beziehungen zu Influencern
- Messung der Mitarbeitermoral durch Analyse von internen Postings
- Identifizieren spezifischer Ursachen für den Rückgang der Markenbeliebtheit
- Identifizieren von Emotionen, die in Stimmen und Gesichtern vermittelt werden
RPA senkt die Einstiegshürde für KI
Die Kardinalfrage, die sich viele Unternehmen stellen, lautet: Wann kann/soll ich RPA einführen und wann KI? Es gibt eine gute Faustregel, die dabei hilft, herauszufinden, ob ein Prozess durch RPA oder KI abgewickelt werden sollte. In der Regel beginnt die Automatisierungsreise, indem zuerst die Prozesse in Angriff genommen werden, die sich leicht mental abbilden lassen. KI kommt dann zum Einsatz bei Workflows, die als zu komplex für RPA allein gelten. Dies verschafft dem Robotik-Center of Excellence (CoE) nicht nur schnelle Erfolge zu Beginn der Transformation, sondern schafft auch eine Automatisierungsgrundlage, die später mit KI skaliert werden kann. RPA bereinigt die zugrundeliegenden Prozesse, um ein leicht integrierbares Framework auf bestehenden digitalen Systemen zu schaffen. Ohne diese grundlegende Basis ist die Einstiegshürde für die Integration von KI viel höher. Ohne diese Grundlage müsste KI manuell in die Kernprozesse eingewoben werden.
Workflows als ideale KI-Kandidaten
Wenn also die erste Schicht einfacher Prozesse ausgewählt und automatisiert wurde, ist es an der Zeit, sich die Workflows anzusehen, die als zu komplex für RPA allein gelten. Diese sind ideale Kandidaten für KI:
- Workflows, bei denen das Ergebnis nicht zu 100 % vorhergesagt werden kann (z. B. Prozesse, die die Immobilienbewertung, Kreditausfälle und Bestandsprognosen unterstützen)
- Prozesse mit hoher Variabilität, die nicht von einem klaren Regelwerk abhängen (z. B. Lebenslaufabgleich, Kaufentscheidungen und Sprachübersetzung)
- Prozesse, die auf unstrukturierten Daten aus Dokumenten, Artikeln, Bildern, Videos und E-Mails beruhen (z. B. Rechnungsextraktion, E-Mail-Routing und Speech-to-Text)
Rechnungsverarbeitung als gemeinsame Spielwiese von RPA und KI
Ein schönes Beispiel für den gemeinsamen Einsatz von RPA und KI liefert die Rechnungsverarbeitung. Anstatt dass Mitarbeiter manuell Daten von einer Datei oder einem System in eine andere Datei oder ein anderes System übertragen, kann die RPA-Software die erforderlichen Daten aus vorgegebenen Feldern auf übermittelten Rechnungsformularen abrufen und an die vorgegebenen Unternehmenssysteme senden. KI kann dann die komplexen Aufgaben entlang dieses Geschäftsprozesses erledigen. Beispielsweise kann KI E-Mails identifizieren, die Rechnungen enthalten und diese zur Verarbeitung an Bots senden. Die KI würde dann wieder in den Prozess einsteigen, wenn es darum geht festzulegen, welche Rechnungen die Anforderungen für Zahlungen erfüllen, indem sie die genehmigten Rechnungen an Zahlungssysteme weiterleitet und die abgelehnten Rechnungen zur weiteren Bearbeitung an Mitarbeiter umleitet. Der gemeinsame Einsatz von RPA und KI in den Unternehmen führt zur Hyperautomation, die verschiedene Technologien vereint, um nicht nur Aufgaben innerhalb von Geschäftsprozessen, sondern so viele Entscheidungsaspekte innerhalb der Prozesse wie möglich zu automatisieren.
Noch ein weiter Weg zur gemeinsamen Nutzung
Die meisten Unternehmen haben aber noch einen weiten Weg vor sich, um diesen Status zu erreichen, da die IT-Verantwortlichen ihre RPA- und KI-Ressourcen immer noch nicht zusammen einsetzen. Doch der Markt verändert sich, da immer mehr Anbieter Lösungen bereitstellen, die Automatisierungs- und KI-Funktionen kombinieren – ein Schritt, der zusammen mit dem zunehmenden Interesse und dem Druck auf Geschwindigkeit und Agilität zu mehr Implementierungen führen könnte.
Über Milad Safar
Milad Safar ist Managing Partner der Weissenberg Group, die er 2013 mit dem Ziel gründete, Prozesse durch den Einsatz von intelligenten Automatisierungslösungen effizienter zu gestalten. Schon während seines Studiums der Volkswirtschaftslehre interessierte er sich für zukunftsweisende Technologien. Getrieben durch die Erkenntnis, dass viele Prozesse wertvolle Arbeitszeit verschlingen, beschäftigt sich Milad Safar von Beginn seiner Beratertätigkeit an mit den Themen Digitalisierung, Robotics und Künstliche Intelligenz, zu denen er auch regelmäßig Vorträge hält, an Expertenrunden teilnimmt und Beiträge in namhaften Fachmagazinen veröffentlicht. Er ist Co-Buchautor des 2019 von WEKA Media herausgegebenen vierbändigen IT-Lexikons „Informationstechnologie von A-Z“. Als Initiator rief er 2018 das jährlich stattfindende AI Camp Wolfsburg ins Leben, eine Diskussionsplattform rund um die Themen Künstliche Intelligenz, Robotics, Maschinelles Lernen und deren Anwendung.
Weissenberg – Effortless Intelligence
Weissenberg Group mit Sitz in Wolfsburg wurde 2013 von Milad Safar und Marcel Graichen gegründet und beschäftigt 82 Mitarbeiter. Weissenberg Group ist der interdisziplinäre Ansprechpartner für hocheffiziente und innovative IT-Lösungen. Das Kerngeschäft der Weissenberg Group wird durch die Unternehmensbereiche Weissenberg Solutions, Weissenberg Intelligence und Weissenberg Potentials abgedeckt.
Das Kerngeschäft von Weissenberg Intelligence bilden die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten, die sich für Unternehmen durch den Einsatz von Robotic Process Automation und Künstlicher Intelligenz ergeben. Im Zentrum steht die Automatisierung standardisierter, regelbasierter Prozesse durch Software-Roboter, um die vorhandenen Ressourcen effizienter einzusetzen und damit für die Unternehmen letztendlich einen wirtschaftlichen Mehrwert zu schaffen.
Als Schnittstelle zwischen IT- und Strategy-Consulting vereint Weissenberg Solutions das Know-how der Unternehmensgruppe im Bereich Prozessberatung, Projektmanagement und Softwareentwicklung. Individuell zugeschnittene Geschäftsprozessmanagement-Verfahren zur Analyse der relevanten Geschäftsprozesse garantieren eine effiziente Gestaltung von Arbeitsabläufen und bestehenden Prozessen im Unternehmen und sorgen so für einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.
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