Gleichstellung einmal anders
In Deutschland gibt es in 42,8 % der Unternehmen aus personalpolitischer Sicht keine Unterschiede zwischen Freiberuflern und Festangestellten. Dieser Anteil ist nur in den Niederlanden noch höher. Außerdem haben 37,1 % der Unternehmen hierzulande eine eigene Personalpolitik für Freiberufler entwickelt, während nur jeder fünfte Betrieb eine Personalpolitik ausschließlich für Festangestellte vorweisen kann – der niedrigste Wert aller untersuchten Länder.
Beurteilungen, Feedback und Schulungen
Exakt zwei Drittel der deutschen Unternehmen beurteilen Freiberufler nach dem gleichen Schema wie ihre festen Mitarbeiter. In den anderen befragten Ländern ist der Durchschnitt mit 55,9% deutlich niedriger, am niedrigsten ist der Wert in Belgien (37,5 %). Gleiches gilt für das Feedback zur Leistung: Fast drei Viertel (72,3 %) der deutschen Unternehmen unterscheiden dabei nicht zwischen Festangestellten und Freiberuflern, nur britische Unternehmen liegen noch darüber (74,9 %). In den anderen Ländern ist dieser Anteil geringer: 70,4 % in Frankreich, 65,6 % in den Niederlanden und nur 53,2 % in Belgien. Knapp die Hälfte der deutschen Unternehmen (47,8 %) bietet Freiberuflern spezifische Schulungen, ein Platz im Mittelfeld. Großbritannien ist hier Spitzenreiter (54,5 %), gefolgt von Frankreich (49,3 %). Ganz hinten landen die Niederlande (34,4 %) und Belgien (38,8 %).
Tanja Büchsenschütz, Director HR bei SD Worx Deutschland: „Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland sind sehr streng. Arbeitnehmer sind weisungsgebunden, Selbstständige bzw. Freiberufler nicht. Traditionell verbinden wir Personalpolitik mit dem klassischen Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis. Bei der Zusammenarbeit mit Freiberuflern ist ein Weisungsverhalten seitens des Arbeitgebers auf jeden Fall zu vermeiden, da sonst eine Scheinselbständigkeit vorliegen würde. In der Personalpolitik für externe Mitarbeiter ist daher auf die klassischen Hinweise zur Weisungsbefugnis des Arbeitgebers zu verzichten. Der Freiberufler ist freier bei der Organisation seiner Arbeit und Arbeitszeit als ein Festangestellter. Doch die Welt verändert sich. Es wird zusehends weniger zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen unterschieden und immer mehr Unternehmen setzen Freiberufler ein. Es gibt Stimmen, welche diesbezüglich eine Anpassung der Gesetzgebung fordern. In jedem Fall befürworten wir eine integrative Personalpolitik. Es gibt keinen rechtlichen Grund, warum Unternehmen nicht in der Lage sein sollten, eine Personalpolitik für externe Mitarbeiter zu verfolgen. Natürlich muss diese Politik die Gesetzgebung berücksichtigen: Elemente, die auf ein Subordinationsverhältnis hindeuten, sind nicht akzeptabel.“
Deutsche Freiberufler, ein wichtiger Teil der Team- und Unternehmenskultur
Zwei Drittel der deutschen Unternehmen (67,3 %) versuchen, Freiberufler in die eigene Unternehmenskultur und in die Arbeitsprozesse zu integrieren. Dies entspricht dem Durchschnitt der anderen untersuchten Länder (66,3 %). Freiberufler sind in Deutschland zudem stark in die Aktivitäten für Festangestellte eingebunden, z. B. Firmenfeiern (71,7 %). Dies ist nach den Niederlanden (72,8 %) der höchste Wert.
Tanja Büchsenschütz: „Immer mehr Unternehmen setzen auf Freiberufler und diese arbeiten immer länger für ihre Auftraggeber. Für Unternehmen ist es daher wichtig, ihre Personalpolitik darauf abzustimmen. Auch wenn Freiberufler nicht unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers fallen, sind sie doch Teil des Teams und sollten daher möglichst eng in die Organisation eingebunden werden, natürlich innerhalb der rechtlichen Grenzen. Das kann unter anderem durch Einbeziehung der „Freelancer“ in Schulungen und Beurteilungsverfahren, aber auch in die Aktivitäten außerhalb des Arbeitsplatzes geschehen. Dies kommt dem Engagement und damit der Produktivität zugute.“
„Viele Unternehmen setzen heutzutage Freiberufler für Kernaufgaben oder längerfristige Tätigkeiten ein. Es liegt nicht nur im Interesse des Unternehmens, auch für diese Gruppe von Mitarbeitern eine Personalpolitik festzulegen. Für einen Freiberufler und seine weitere Laufbahn ist es auch wichtig, dass er Rückmeldungen zu seinen Leistungen erhält. Dies ist auch die Gelegenheit, um über die berufliche Entwicklung und Perspektiven zu sprechen“, erklärt Ans de Vos von der Antwerp Management School.
Über die Umfrage
SD Worx und die Antwerp Management School (AMS) befragten eine repräsentative Auswahl von 1074 Arbeitgebern mit Freiberuflern in den folgenden fünf Ländern: Belgien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien. Diese Umfrage ist Bestandteil der Forschungsagenda von SD Worx und der AMS für den Lehrstuhl von SD Worx zum Thema „Arbeit der nächsten Generation: Creating Sustainable Careers“. Im Rahmen dieses Lehrstuhls wird seit 2011 untersucht, wie sich das berufliche Umfeld verändert und was dies für Unternehmen und Mitarbeiter bedeutet. Durch jährliche Umfragen und qualitative Studien zeichnet der Lehrstuhl die Herausforderungen nach, welche der VUCA-Kontext für die Menschen mit sich bringt und dokumentiert die entsprechenden Anpassungen der Karriere- und Nachwuchspolitik in den Unternehmen sowie den Umgang der Menschen mit ihrer eigenen Karriere.
Potenzielle Kandidaten wurden über ein Online-Panel mit Stichproben nach Größe und Branche angesprochen. Die komplette Studie finden Sie hier.
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