Mit den Füßen steuern: Neues Computerspiel für die Thrombose-Vorsorge
Die Thrombose ist nach Herzinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigste Herz-Kreislauf-Erkrankung. Zur Risiko-Gruppe zählen vor allem ältere Menschen, aber auch Patienten, die aufgrund einer Krankheit lange im Bett liegen müssen oder sich einer größeren Operation unterziehen mussten.
Neben Medikamenten und anderen Präventionsmaßnahmen, wie etwa Kompressionsstrümpfen, helfen auch gezielte Bewegungsübungen, das Thrombose-Risiko zu senken. „Bekannt ist dabei vor allem die Fußwippe oder sogenannte Muskel-Venen-Pumpe, kurz MVP“, sagt Daniel Steffen, Wissenschaftler in der Nachwuchsgruppe wearHEALTH an der TUK. Dabei wird die Fußspitze zunächst weit nach vorne gestreckt und anschließend soweit wie möglich an den Körper herangezogen. Diese Bewegung soll mit beiden Füßen möglichst oft und regelmäßig wiederholt werden. „Allerdings ist die Übung sehr monoton und ermüdend. Die Patienten haben hierbei oft keine hohe Motivation und Ausdauer. Aus Studien wissen wir, dass rund 65 Prozent der Patienten solche Übungen nicht oder nur teilweise durchführen“, erläutert Steffen.
Abhilfe soll hierbei die App „jumpBALL“ schaffen, die der Informatiker entwickelt hat. Es handelt sich dabei um ein Computerspiel, bei dem ein Wasserball über Baumstämme springt, auf denen sich verschiedene Gegenstände wie Diamanten, Münzen, Sterne oder Monster befinden. Springt der Ball darauf, erhält der Spieler Bonuspunkte. Landet der Ball auf einem Monster, werden ihm Punkte abgezogen. „Das Besondere ist, dass die Spieler es mit den Füßen steuern müssen und so gleichzeitig die MVP-Übung durchführen“, so Steffen weiter. Unterstützt wurde er bei der Entwicklung von den Medizinern Dr. Markus Muhm und Dr. Tim Danko vom Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern.
Viel Technik ist nicht notwendig: Neben Smartphone oder Tablet gibt es zwei kleine drahtlose Sensoren, die mit Klettbändern auf den Füßen befestigt werden und die Bewegungen erfassen. „Mit dem linken Fuß etwa springt ein Wasserball einen Baumstamm weiter, mit dem rechten Fuß springt der Ball bis zum übernächsten Stamm“, fährt der Informatiker fort. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von sogenannten Exergames. „Hierbei werden Videospiele mit körperlichen Übungen verbunden“, erläutert Steffen.
In einer ersten Studie mit 40 Probanden hat Steffen überprüft, wie gut das Spiel die Motivation fördert. Zudem hat er untersucht, wie oft und wie lange die Teilnehmer die Übungen durchführen. Auch ging es darum die Gebrauchstauglichkeit zu testen. Dazu wurden die Probanden in zwei Gruppen eingeteilt. „Eine Gruppe hat jumpBALL gespielt, die Kontrollgruppe verwendete eine Spiel-Variante mit reiner Zählfunktion. Als Anleitung sollten die Probanden der Kontrollgruppe sich vorstellen, Tretboot zu fahren“, so Steffen. Beide Gruppen konnten das Spiel jederzeit aus freien Stücken beenden.
„Wir haben festgestellt, dass die jumpBALL-Gruppe die Übungen deutlich länger und mit mehr Wiederholungen durchgeführt hat, die Motivation also deutlich höher war“, sagt der Informatiker. Das Spiel richtet sich vor allem an ältere Menschen beziehungsweise Patienten. In Langzeitstudien wollen die Forscher nun untersuchen, wie diese mit der Technik zurechtkommen und inwieweit diese spielerischen Ansätze für weitere Bewegungsübungen im Reha-Bereich genutzt werden können.
Die Kaiserslauterer Nachwuchsgruppe wearHEALTH wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Maßnahme „Interdisziplinärer Kompetenzaufbau im Forschungsschwerpunkt Mensch-Technik-Interaktion für den demografischen Wandel“ gefördert. Steffen wird die Arbeit auf der Tagung „Mensch und Computer“ der Gesellschaft für Informatik vorstellen. Sie findet vom 10. bis 13. September in Regensburg statt und steht unter dem Motto „Spielend einfach interagieren“ (http://muc2017.mensch-und-computer.de/…). Mehr zum Programm unter: https://www.conftool.com/…
Die Veröffentlichung „jumpBALL – ein mobiles Exergame für die Thromboseprophylaxe“ erscheint im Sammelband der Tagung „Mensch und Computer“:
https://www.mensch-und-computer.de/…
Zudem wird Steffen die Ergebnisse der Studie auf der Konferenz „CHI PLAY 17“ in Amsterdam im Oktober vorstellen.
TU Technische Universität Kaiserslautern
Gottlieb-Daimler-Straße 47
67663 Kaiserslautern
Telefon: +49 (631) 205-2049
Telefax: +49 (631) 205-3658
http://www.uni-kl.de